Luftqualität und Gerüche

Verunreinigung der Innenraumluft

Bereits 1858 schrieb der Hygieniker Plettenkofer: „Einen fernern Grund, auf reine Luft in den Wohnungen strenge zu halten, haben wir in der Erfahrung, dass schlechte Luft die Quelle vieler chronischer Leiden ist, und das sie sicherlich einen grossen Anteil an den Volksübeln: Scr­ofeln, Tuberkeln etc. hat. Wo also die natürliche Ventilation nicht ausreicht, die Ver­me­hrung des Kohlensäuregehaltes der Luft in unsern Wohn- und Schlafräumen um 1 pro mille zu ver­hindern, dort hat künstliche Ventilation einzutreten.“

Frischluft zum Atmen

Luft ist für unser Leben von sehr grosser Be­deutung. Der Mensch kann 30 Tage ohne Essen, 3 Tage ohne zu Trinken und nur gerade 3 Minuten ohne Luft überleben. Erwachsene setzen je nach Tätigkeit 20 – 60 m3 Luft pro Stunde um. Dabei verbraucht er Sauerstoff und gibt Kohlendioxid (CO2), aber auch einiges an Gerüchen und weitere leichtflüchtige organische Verbindungen (VVOC), ab.

Gas Einatmung Ausatmung
Stickstoff N2 79 % 79 %
Sauerstoff O2 21 % 16 %
Kohlendioxid CO2 0,1 % 4 %
Edelgase, Wasserdampf, VOCs und andere chemische Verbindungen 1 % 1 %
Tabelle: Zusammensetzung ein- und ausgeatmeter Luft (trockene Luft)

Kohlendioxid und leichtflüchtige organische Verbindungen von Menschen, Haustiere, Pflanzen, Emissionen aus Baustoffen, wie auch von Geräten und Mobiliar im Raum oder Emissionen von im Raum stattfindenden Verbrennungs- (Kerze, Raucherwaren) oder Gärungsvorgänge (Verfaulen) belasten die Raumluft und kumulieren sich bei unzu­reichen­der Lüftung.bis zu Konzentrationen auf, die unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.

Die empfundene Raumluftqualität ist abhängig von der Anzahl und der Stärke der Verunreinigungsquellen, von der lüftungsbedingten Verdünnung der Raumluft und subjektiven Faktoren. Die Verunreinigung der Luft durch eine Standardisierte Person bei einem Aktivitätsgrad I (ruhige sitzende Tätigkeit) wird dem Wert von 1 olf (olfactus = Geruchsinn) definiert. Jede andere Schadstofflast (Möbel, Teppiche und Baustoffe des Innenausbaus) kann äquivalent zu einer entsprechenden Anzahl von Standardpersonen in Olf ausgedrückt Wenn der mit einem Olf belastete Raum dabei mit 10 l/s reiner Luft belüftet wird, besagt die Definition, dass die empfundene Luftqualität 1 dezipol (pollutio = Verunreinigun) betrage. Da aber all die chemischen Verbindungen, die die Luft belasten nur mit sehr großem Aufwand analytisch zu über­prü­fen sind, betrachten wir als Luftqualitätsparameter stellvertretend für all diese belastenden chemischen Verbindungen primär die einfach zu messende CO2-Konzentration, die in der Praxis recht gut mit der Gesamtbelastung korreliert.

Feuchtigkeit

Feuchtelasten

Die Luft ist also ein Ausbreitungsmedium für Gerüche, Schadstoffe, in Form von Gasen (Formal­dehyd, Biozide, usw.) und Aerosolen (Flüssigkeitstropfen, Partikel und Fasern). Auch gibt der Mensch durch seine Thermoregulation und durch seine Tätigkeiten, wie Kochen, Bügeln, Duschen, Baden und Pflanzen giessen, Feuchtigkeit an die Luft ab. Wie viel Wasserdampf die Luft bis zur Sättigung aufnehmen kann ist von der Lufttemperatur und dem Luftdruck abhängig. Eine zu hohe Feuchtigkeit führt zu einem mikrobiologischen Hygieneproblem.

Tabelle: Feuchtigkeitsabgabe an die Raumluft (1 Gramm entspricht ca. 1 Milliliter)
FeuchtigkeitsquelleMenge
Mensch:
- Schlafen
- Allgemeine Tätigkeit
- Anstrengende Tätigkeit

40 - 50 g/h
ca. 90 g/h
ca. 175 g/h
Pflanzen:
- Topfpflanze
- Mittelgrosser Gummibaum

7 – 15 g/h
10 – 20 g/h
Küche:
- Kochen
- Braten, Garen
- Geschirrspülmaschine

400 – 900 g/h
ca. 600 g/h
200 – 300 g/h
Badezimmer / Waschraum:
- Wannenbad (länger Badewasser stehen lassen bedeutet mehr Feuchtigkeit)
- Dusche (länger Duschwasser laufen lassen bedeutet mehr Feuchtigkeit)
- Waschmaschine
- Wäsche trocknen 4,5kg geschleudert tropfnass

ca. 1’000 g/h
ca. 3’000 g/h
200 – 300 g/h
50 – 200 g/h

Die Luftfeuchtigkeit beeinflusst auch die Reizbarkeit der Schleimhäute durch Stäube und Schadstoffe in der Luft, beeinflusst massgebend die Luftelektrizität und ist ein entscheidender Faktor für das Wachstum von Mikroorganismen in Innenräumen.

Normen und Richtlinien fordern hinsichtlich der Behaglichkeit relative Luftfeuchtigkeit zwischen 30 – 65 %, für erhöhte Komfortanforderungen zwischen 40 – 60%. Es gibt aber auch Fachleute, die der Auffassung sind, dass der untere Sollwert einzig dazu dient, um die Reiz­barkeit von Schleimhäute durch Staub und Schadstoffe zu reduzieren und deshalb bei sauberer Luft eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit kein Störfaktor darstelle. Auch wenn dieser Ansatz stimmen mag und wir die saubere Luft gewährleisten können, so macht es dennoch Sinn, aus Grün­den der elektrischen Luftqualität nur an wenigen Tagen im Jahr ein Soll von 30% zu unterschreiten.

Um eine gute Raumluftfeuchte zu fördern, empfiehlt es sich, bei der Wahl der Bau­stof­fen, vor allem bei den Innenraummaterialien, darauf zu achten, dass Materialien gewählt werden, die über gute Sorptionseigenschaften1 verfügen und so Feuchtigkeit ausgleichend wirken.

Gerüche und Schadstoffe

Duftstoffe

Duftstoffe sind nicht nur Bestandteile von Parfüms, sondern auch von vielen anderen Haushaltsprodukten wie Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln, in Farben und Lacken, in Erdgas und Heizöl und vielen anderen Produkten unserer Umgebung. Gerade in der Weihnachtszeit sind Duftöle, Duftlampen und -kerzen sehr beliebt. Nicht nur industrielle Duftprodukte, sondern auch Duftstoffe von Nadelbäumen sättigen die Luft in Wohnräumen.

Die Beduftung unserer Umwelt nimmt immer grössere Ausmasse an und nicht alle Nasen sind davon begeistert. Für MCS- Betroffene (Chemikalienunverträglichkeit) stellen bereits kleinste Mengen an Duftstoffen in der Raumluft ein Problem dar. Für andere Menschen ist ein Tannenbaum in der Stube nicht störend. Aber wenn sich dazu noch Duft- und Riechstoffe aus vielen anderen Quellen gesellen, so muss von einer Überreizung unserer Sinne ausgegangen werden. Viele Duftstoffe sind Botenstoffe für Organismen, natürliche Ätherische Öle sind sind toxisch.

Während bei uns im allgemeinen nur Befindlichkeitsstörungen und Kontaktallergien im Zusammenhang mit Duftkomponenten diskutiert werden, gibt es andernorts schon weitere Erkenntnisse. So finden sich z.B. auf der Datenbank PubMed über 800 Einträge zu Auswirkungen einzelner Substanzen auf die Gesundheit. Es finden sich Hinweise, dass Fieber, Kopfschmerzen, Asthma, Schwindel, Herzbeschwerden, Krebs sowie zahlreiche weitere Beschwerden und Krankheiten im Zusammenhang mit einzelnen Duftstoffkomponenten stehen können. Von Medizinern, Politikern, Behörden und Medien wird diesem Problem viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dass den Herstellern das Problem bekannt ist, wird dadurch ersichtlich, dass zunehmend duftstofffreie Produkte auf den Markt kommen.

Unter Hygienikern ist schon lange erkannt, dass Duft- und Riechstoffe nebst anderen flüchtigen organischen und anorganischen Lösungsmitteln, wie auch Staub und Schimmelpilzen eine Raumluftbelastung darstellen. In der Regel (gilt nicht für MCS-Betroffene) ist nicht gänzlich auf Duftstoffe zu verzichten, aber eine wohlüberlegte und vor allem mässige Verwendung von Produkten, die Duftstoffe enthalten, ist anzuraten.

Der Luftwechsel – ein entscheidender Faktor für die Luftqualität

Wir benötigen also um genügend Frischluft bereitzustellen, aber auch um Feuchtigkeit, Gerüche und Schadstoffe abzuführen, einen Austausch der Raumluft mit der Aussenluft.

Von einem Raum zum Aussenraum (Aussenluft, Nachbarraum) findet über Undichtheiten der Hülle des Raumes, über Zugänge (öffnen von Türen) und durch Lüften (Fenster öffnen, Zu- und Abluftanlagen) ein Luftwechsel ein Luftwechsel ab.

Der Luftwechsel wird meist als Luftwechselrate ausgewiesen – dabei gilt:

Heute muss zur Erreichung der geforderten Energieeffizienz bei jedem Neubau bzw. bei jeder grösseren Sanierung eine möglichst luftdichte Hülle, also ohne nennenswerten Leckagen, angestrebt werden. Auch aus anderen bauphysikalischen Gründen ist eine dichte Hülle zu begrüssen. Leckagen führen durch den unkontrollierten Luftaustausch bei ungenutzten Räumen, in denen sehr wenig Feuchtigkeit in die Luft abgegeben wird, zu einer un­er­wünscht niedrigen Luftfeuchte.

Klassierung der Luftqualitäten

Im Zusammenhang mit Lüftungsanlagen wurden in den Regelwerken Luftqualitäten klassifiziert, abstützen wollen.wir uns diesbezüglich vor allem auf die VDI 6022 Blatt 3. Ausgangsprodukt, auch für die Innenraumluft, ist die Außenluft. Deshalb hat die Qualität dieser Luft auch einen Einfluss auf die Qualität oder anders ausgedrückt, die Außenluftqualität ist bestimmend, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen um eine bestimmte Raumluftqualität zu erreichen.

Klasse Aussenluftqualität Kriterium
AUL 1 sauber Alle Leit-, Richt- und Grenzwerte der WHO werden eingehalten, zeitweise Staubelastung, z.B. durch Pollen
AUL 2 grosse Verunreinigung Ein oder mehrere Leit-, Richt- oder Grenzwerte der WHO werden max. um den Faktor 1,5 überschritten
AUL 3 sehr grosse Verunreinigung Ein oder mehrere Leit-, Richt- oder Grenzwerte der WHO werden um mehr als den Faktor 1,5 überschritten
Tabelle: Klassierung verschiedener Aussenluftqualitäten
Klasse Raumluftqualität Nutzung Typische Anwendung
RAL 1 hoch Räumen, die von Personen mit erhöhtem Hygienebedarf genutzt werden Intensiv oder Pflegeräume;
Räume für Hypersensible, wie MCS, CFS
RAL 2 mittel / normal Räume für den dauerhaften Aufenthalt von Personen Räume in Senioren Wohnhäusern, Kindergärten
Wohn- und Arbeitsräume in neu Neubauten oder renovierte Räume, bei der die Renovierung auch die Raumlufttechnik, bzw. Raumluftqualität betrifft
RAL 3 mässig / moderat Räume für den dauerhaften Aufenthalt von Personen Räume mit raumlufttechnischen Anlagen im Bestand und keine Änderungen im Raum, die zu einer Luftqualitätsveränderungen führen
RAL 4 niedrig Räume für Kurzzeitigen Aufenthalt Lagerräume, Korridore, Treppenhäuser und Nebenräume
Tabelle: Klassierung verschiedener Raumluftqualitäten

Klassen bedingte Anforderungen an die Raumluftqualität

Bei den meisten Anforderungen an die Raumluftqualität können wir uns auf die der VDI 6022 Blatt 3 definierten Raumluftqualität (RAL) abstützen. Auf Grund der Tatsache, dass bereits ab einer CO2-Konzentration von 400 ppm über der Konzentartion der Aussenluft mit 15 % unzufriedener Nutzer zu rechnen ist, erachten wir die VDI 6022 in diesem Qualitätspunkt als unzureichend und orientieren uns auch bei Wohnbauten besser an der diesbezüglichen Klas­sie­rung in der EN 13779.

Klasse EN 13779 Standardwert CO2 EN 13779 Bereich für CO2 VDI 6022 Bl.3 CO2
RAL 1 AUL + 350 ppm ≤ AUL+ 400 ppm ≤ 1'000
RAL 2 AUL + 500 ppm AUL + 400 bis 600 ppm ≤ 1'500
RAL 3 AUL + 800 ppm AUL + 600 bis 1'000 ppm ≤ 2'000
RAL 4 AUL +1'200 ppm > AUL + 1'000 ≤ 2'000
Tabelle: Zulässige CO2-Konzentration gemäss EN 13779, respektive VDI 6022 Blatt 3

Im Weiteren sind die Beurteilungswerte der Stufe 2 und 3 gemäss VDI 6022 Blatt 3 nicht zu überschreiten. Auch darf der Richtwert I der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Innenraumluft­hy­giene- Kommission des Umweltbundesamtes und der Arbeitsgemeinschaft des Obersten Lan­des­gesundheitsbehörden (Ad-hoc-AG IRK/AOLG) für die jeweilige chemische Verbindung nicht „ausgeschöpft“, son­dern nach Möglichkeit unterschritten werden.