Organische Verbindungen

Beurteilung von PCB, Dioxine, PAK und Bioziden

Von den Schadstoffen, die zu den flüchtigen organischen Verbindungen zählen, sind es vor allem die schwerflüchtigen, die wohl über den ganzen Lebenszyklus eines Gebäudes in diesem verbleiben - leicht flüchtige Verbindungen nehmen in der Regel über die Zeit ab, ausser dies wird durch eine Versiegelung verhindert oder verzögert. Bei den Gebäuden die vor 1990 erbaut und in den letzten Jahren nicht erneuert wurden, stehen schwerflüchtige organische Verbindungen, wie PCB, dessen Nachfolgeprodukt Clorparaffine, weitere Flammschutzmittel und Weichmacher sowie Holzschutzmittel und PAK im Fokus. In Brandobiekten kommen Dioxine dazu.

Polychlorierte Biphenyle + Chlorparaffine

Polychlorierte Biphenyle (PCB)

Bei den polychlorierten Biphenylen (PCB) handelt es sich um eine Gruppe von 209 Einzelsubstanzen (Kongenere) mit einer Biphenyl-Grundstruktur, die thermisch und chemisch stabil, schwer entflammbar, elektrisch nicht leitend und superhydrophob sind. In technischen Produkten sind 50 bis 70 solcher Kongenere, von denen etwa 10 die Hauptmenge bilden, als Weichmacher, Schmier-, Imprägnier-, Flammschutz- und Korrossionschutzmittel verwendet worden. Je nach Anwendung wurden PCB-Gemische mit unterschiedlich hohen Chloranteilen verwendet. Zudem enthalten technische PCB herstellungsbedingt hochtoxische Verunreinigungen, wie polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) und polychlorierte Dioxine (PCDD). Mit zunehmendem Chlorierungsgrad der PCB-Produkte geht auch der zunehmende Gehalt dieser Verunreinigungen einher, was auch zu Raumluftbelastungen mit dioxinähnlichen PCB (auch als coplanare PCB, kurz cPCB, bezeichnet, zu denen 12 Kongenere gezählt werden) sowie PCDF und PCDD führt.

Diese bioakkumulativen Stoffe wurden 2001 mit dem Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (POP- bzw. Stockholm-Konvention) weltweit geächtet. In der Schweiz sind offene Anwendungen, wie in Korrosionsanstrichen, Farben, Schmierölen, Druckfarben, Fugendichtungsmassen und Kunststoffen bereits seit 1972 verboten, 1986 folgte ein Totalverbot. Mit ihrer langen Anwendung in vielen Produkten hat sich das giftige PCB ubiquitär in der Umwelt verteilt und ist heute noch in relevanten Mengen anzutreffen. Verantwortlich dafür sind nicht nur die offenen Systeme, mit der Zeit werden auch viele Kondensatoren, Transformatoren, Wärmetauscher und Hydrauliksysteme, die zu den geschlossenen Systemen mit PCB-haltigen Flüssigkeiten gezählt werden, undicht.

Primärquellen

Produkte, die seit ihrer Herstellung PCB enthalten, werden als Primärquellen bezeichnet. In Gebäuden sind folgende Primärquellen für PCB von Bedeutung: Fugendichtungsmassen, Akkustik-Deckenplatten, Brandschutzfarben, im Betonbau verwendetes Schalöl, Parkettkleber, Buntsteinputz und defekte Kondensatoren.

Sekundärquellen

PCB Primärquellen kontaminieren auch benachbarte Baumaterialen und den Hausstaub. Bei den so kontaminierten Materialien ist von Sekundärquellen die Rede.

Gefährdungsabschätzung für Mensch und Umwelt

Fugendichtungsmassen (FDM)

Normale Nutzungsbedingungen:

Rückbau

Transport und Entsorgung:

Abfälle aus dem Rückbau sind in doppelte, reissfeste Kunststoffsäcke mit Kennzeichnung PCB abzufüllen und danach in geschlossenen Mulden zwischenzulagern und zu transportieren.

Abfälle mit einem PCB-Anteil von über 50 mg/kg gelten als Sonderabfälle und sind nach Weisungen der Kantone zu entsorgen (nach der VVEA in einer Deponie Typ E, sofern der organische Materialanteil 5 % nicht übersteigt).

Anstriche und Beschichtungen von Metallen

Normale Nutzungsbedingungen
Überstreichen
Demontage als Ganzes
Bearbeiten kleinerer Metallteile (Geländer, kleinere Rohre)

Eine kleineren Bearbeitung von Metallteilen, wie Heizkörper, Geländer, Rohren mit kleineren Durchmessern (max. 15 cm), deren Beschichtung mehr wie 50 mg/kg PCB enhält darf diese zur Vermeidung einer signifikannten Freisetzung von PCB keine Schweissbrenner oder Trennscheiben verwendet werden.

Bearbeiten grösser Metallteile (Tanks, Silos, Fassadenelemente, gr. Röhren)

Bei einer Umfangreichere Bearbeitung von Metallteilen, wie Tanks, Silos, Rohre mit grösseren Dimensionen usw., deren Beschichtung mehr wie 50 mg/kg PCB enhält, darf diese zur Vermeidung einer Verflüchtigung von PCB nicht über 80°C erwärmt werden. Zum Trennen grösserer Teile ohne signifikante Wärmeentwicklung ist ein für die Blechstärke geeigneter Nibbler zu verwenden, Staub und Späne sind abzusaugen.

Transport und Entsorgung

Anstriche auf Beton, Putzen, Zementüberzügen

Normale Nutzungsbedingungen
Überstreichen
Spitzarbeiten und Bohren von Löchern
Grossflächiger Abtrag durch Fräsen und Schleifen
Transport und Entsorgung

Anstriche auf Holz

Normale Nutzungsbedingungen
Überstreichen
Spitzarbeiten und Bohren von Löchern
Grossflächiger Abtrag durch Fräsen und Schleifen
Transport und Entsorgung

Akustikdecken

Normale Nutzungsbedingungen
Überstreichen
Spitzarbeiten und Bohren von Löchern
Grossflächiger Abtrag durch Fräsen und Schleifen
Transport und Entsorgung

Kondensatoren

Chlorparaffine (CP)

PCB wurde nach deren Verbot bei vielen Anwendungen durch Chlorparaffine, die ähnliche technische und toxische Eigenschaften wie PCB aufweisen, ersetzt. Hierbei handelt es sich um Isomergemische von Alkanen mit unterschiedlichem Chlorierungsgrad. Man unterscheidet zwischen kurzkettigen (C10 - C13) mittelkettigen (C14 - C17) und langkettigen (ab C18) Chlorparaffinen. Sie sind wie andere chlorierte Kohlenwasserstoffe sehr langlebig. Speziell die kurzkettigen Chlorparaffine (SCCP) sind als möglicherweise krebserregend (K3) eingestuft. Einen Anteil von mehr als 1 Massenprozent SCCP ist in Anstrichfarben und Lacken, Dichtungsmassen, Kunststoffen und Gummi, Textilien, Lederverarbeitungsmitteln und Metallverarbeitungsmitteln seit 2006 in der Schweiz verboten. Der zulässige Gehalt an kurzkettigen Chlorparaffinen wurde dann 2015 in der Schweiz und der EU auf 0.15 % reduziert. Im Mai 2017 einigten sich die Vertreter aus 160 Staaten, SCCP dem Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe zu unterstellen.

Dioxine und Furane

Chlorhaltige Dioxine und Furane werden oft vereinfacht als Dioxin bezeichnet. Differenziert betrachtet handelt es sich dabei um 75 Einzelverbindungen aus der Gruppe der polychlorierten Dibenzo-para-Dioxinen (PCDD) und 135 Einzelverbindungen aus der Gruppe der polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF).

Dioxine wurden nie industriell produziert. Sie entstehen bei allen Verbrennungsprozessen, bei Temperaturen zwischen 300°C - 900°C, von Produkten, die Chlor und organischen Kohlenstoff enthalten, wie PCB, Chlorparaffine, HBCD-haltigen Polystyrol, PVC und sonstigen halogenisiertegen Stoffen. Solche Produkte sind in beinahe allen Gebäuden anzutreffen. Deshalb entstehen, zumindest bei grösseren Bränden in und von Gebäuden sowie bei Kabelbränden, Dioxine, Salzsäure und weitere toxischer chlororganische Substanzen.

Eine akute Wirkung von Dioxin ist beim Menschen nur bei sehr hohen Mengen zu erwarten. Tierversuchen zeigen, dass es zu dem sogenannten Auszehrungssyndrom (wasting syndrome) kommt, mit grossem Gewichtsverlust und mit massiven Leberschäden und Stoffwechselstörungen, die verzögert, nach mehreren Tagen bis Wochen gar zum Tod führen können. Durch Dioxine können Hautschädigungen (Chlorakne), Störungen des Immunsystems, des Nervensystems, des Hormonhaushalts, der Reproduktionsfunktionen und der Enzymsysteme mit all ihren Folgen hervorgerufen werden.

Die wesendliche Gefahren des Dioxins liegen darin, dass es im Körperfett eingelagert wird und nur sehr langsam abgebaut wird. Das als Seveso-Gift bekannte 2,3,7,8 TCDD ist von der Weltgesundheits­organisation WHO im Februar 1997 als humankanzerogen eingestuft worden. Andere Dioxine stehen im Verdacht krebserzeugend zu sein. Aus Tierversuchen sind Störungen des Immunsystems und der Reproduktion schon bei sehr niedrigen Dioxinkonzentrationen bekannt. Das Dioxin gelangt zudem über Plazenta und Muttermilch in Säuglinge. Studien zeigen, dass bereits höhere Dioxinbelastungen innerhalb des "Normalbereiches" der Mütter, bei Kindern zu vielfältigen Störungen oder Verzögerungen der kindlichen Entwicklung führen können.

Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK oder PAH) bilden eine grosse Stoffgruppe von schwerflüchtigen organischen Verbindungen, die vor allem in Produkten, die aus Steinkohleteer hergestellt wurden, signifikant zu finden sind, aber auch bei unvollständigen Verbrennungsprozessen entstehen können (Russ, Pech, Zigarettenrauch usw.), Wegen ihrer Persistenz, ihrer Toxizität und ihrer ubiquitären Verbreitung haben PAK eine grosse Bedeutung als Schadstoffe in der Umwelt. Naphtalin, das kurzkettigste PAK, ist öfter für Geruchsprobleme in Innenräumen verantwortlich. Vor allem längerkettige PAKs, insbesondere Benzo[a]pyren, gelten eindeutig als krebserzeugend. Bei Arbeiten darf eine MAK von 002 mg/m3 Benzo[a]pyren nicht überschritten werden.

Organische Holzschutzmittel und andere Biozide

In den 1950er- bis 1970er wurden in Gebäuden oft Holzschutzmittel (HSM), vor allem im Holzbau (Dachstock, Fachwerken) sowie im Aussenbereich, wie Pentachlorphenol (PCP), Hexachlorcyclohexan (HCH, Lindan), DDT, Chlorthalonil, Chlordan eingesetzt. Häufig wurde eine Kombination von Fungizid (z.B. PCP) und Insektizid (z.B. Lindan) eingesetzt. Auch wurden Teeröl oder auf Teeröl basierende Produkte (mit hohen PAK-Konzentrationen) zum Holzschutz eingesetzt. In Gebäuden aus dem vorlesten Jahrhundert sind auch quecksilber- und arsenhaltigen Holzschutzmitteln zu finden.

Bauten können aber auch durch andere Biozide, die z.B. gegen einen Insektenbefall eingesetzt wurden, belastet sein.

TOC-Wert (gesamte organische Kohlenstoff)

Zur Bestimmung der korrekten Entsorgung von Bauabfällen muss oft auch der TOC-Wert (total organic carbon) bestimmt werden, weil für Abfälle, die in Deponien entsorgt werden sollen, die Gesamtmenge an organischen Kohlenstoffen beschränkt ist.